Sonntag, 8. August 2010

Willkommen... aber warum ist da niemand?

Hallo liebe Heimat.

Amerika. Wenn man so über die USA nachdenkt und spricht hat man schon in Deutschland viel zu erzählen und zahlreiche Gedanken. Viele glauben auch (und da nehme ich mich selbst nicht aus), dass sie sehr viel über dieses Land wissen. Betritt man amerikanischen Boden oder besser gesagt texanischen Boden, so ist jeder Gedanke obsolet.

Texas ist kein Eindruck es ist eine Erfahrung. Getreu dem inoffiziellen Staatsmotto „Everything is bigger in Texas“ wird einem die Umsetzung dieses Gedankens schon beim Verlassen des Fliegers eindrucksvoll vor Augen geführt. Vom Türknauf bis zur Kloschüssel ist alles in einer fast lächerlichen Dimension gefertigt, die einem das Gefühl verschafft ein Zwerg zu sein.

In Dallas, Texas hatte ich meinen ersten Zwischenstop auf meiner Reise durch dieses gigantische Land. Mit Max, dem anderen deutschen Austauschstudenten, an meiner Seite, hatte ich einige Stunden Zeit erste Eindrücke zu sammeln.

Im Moment ist der Süden der USA fest im Griff einer Hitzewelle, die die Temperaturen mancherorts an die 50-Grad-Marke steigen lässt. Unser erster Versuch ein bisschen frische amerikanische Luft zu schnappen scheiterte angesichts der unfassbar heißen Außentemperatur, die einen beim Verlassen des Flughafens merklich Richtung Boden drückte und einem das bekannte Gefühl des Aufgusses in einer deutschen Sauna verschaffte.

Wieder zurück im Flughafen, suchten wir zunächst nach einer Möglichkeit eine Email in die Heimat zu schicken, um das Vaterland über unsere geglückte erste Landung zu informieren. Beim anschließenden Schlendern durch die Gebäude des Flughafens prasselte eine Vielzahl von Gerüchen und Bildern auf mich ein, die, verstärkt durch die allerorts gehörten englischen Worte, ein gewisses Glücksgefühl aufkeimen ließen und mich selig lächelnd durch die langen und mit farbenfrohen Werbebotschaften versehenen Verkaufsmeilen des Airports schweben ließen. In Texas haben wir dann auch den ersten Burger unserer Reise gegessen und es sollte nicht der letzte Burger sein ...

Nach unsrer Landung in Jackson, Mississippi verflog die anfängliche Euphorie, als wir feststellen mussten, dass das geplante Begrüßungskomitee es nicht pünktlich zum Flughafen geschafft hatte. Als auch nach einer Stunde des Wartens, in einer inzwischen bis auf das Reinigungspersonal leeren Flughafenhalle, noch niemand gekommen war um uns einsame und müde Gestalten in der Fremde zu empfangen, entschlossen wir uns mit einem Taxi ins Hotel zu fahren.

Angekommen im Hotel, suchte der Blick sofort das Bett, welches auch in Mississippi sehr viel größer ist als im Rest der Welt. Nach einiger Zeit klingelte zunächst das Telefon und dann klopfte es an der Tür. Fröhlich lächelnd und mit einem Plakat bewaffnet blickten wir mit unsren müden Augen in die Gesichter zahlreicher amerikanischer Studenten, die uns in diesem Moment unsere erste große Lektion zum Verständnis von Pünktlichkeit im guten alten Süden erteilten.



Am nächsten Morgen bekamen wir und das sogar in preußischer Pünktlichkeit ein Frühstück bei McDonalds und eine Führung über den Campus in Clinton. Die eindrucksvollen Backsteinbauten, die teilweise sogar den amerikanischen Bürgerkrieg überdauerten, machten einen gepflegten und ruhigen Eindruck. Was mir in der Dunkelheit der Nacht noch entgangen war, das erkannte ich in grellen Sonnenlicht sofort.



Der Staat Mississippi ist überaus grün. Hohe alte Bäume, die in Gruppen beieinander stehen und durchzogen sind von satten Grünflächen, prägen das Stadtbild und wie selbstverständlich scheint die Natur in einer friedlichen Koexistenz mit der Zivilisation zu stehen. Eine Stadt im Süden der USA, aber vor allem in Mississippi ist keine Stadt wie sie der Deutsche aus Europa kennt. Gänzlich fehlen die engen Gässchen und die gedrungenen Häuser. Man sucht vergebens nach scharfen Kurven oder gar Bürgersteigen. In einer Stadt wie dieser gibt es keine Innenstadt, keine Einkaufsstraße oder Straßencafes, die beim Flanieren zu einer kurzen Rast einladen. Diese Stadt kennt nicht diese so deutsche Problem der Parkplatzsuche. Diese Stadt ist ein Parkplatz. Ein Parkplatz der liebevoll in einer atemberaubende Naturkulisse eingebetet nie erwacht, sondern immer schläft. Fährt man durch diese Stadt, so fühlt man sich nicht in einer Stadt. Häuser stehen weit so weit voneinander entfernt, dass man den Nachbarn besuchen fährt. Die Fläche zwischen den einzelnen Häusern gehört der Natur. Überhaupt fährt man überall hin. Einen Laden, der es einem nicht ermöglicht vom Autofenster aus eine Bestellung aufzugeben, findet man höchstens in der Mall. Dort verbringt man dann auch die Zeit außerhalb des Autos. Die Mall ist ein riesiger Komplex von kleinen Läden, die eingebetet in eine gigantische, mehrstöckige Halle mit dem selbstverständlichen Luxus einer Klimaanlage locken. Um der Hitze des Alltags zu entgehen, verbringt man die meiste Zeit mit Einkaufen und Essen oder eben im Auto.

Auf den schier endlosen Straßen, die in ihrer bestechenden Breite zur schnellen Fahrt einladen, kriecht der Amerikaner in seinen lachhaft großen und übermotorisierten Autos über den Asphalt. Das Auto ist in Amerika alles. Ohne ein Auto wäre man zumindest im Süden nicht in der Lage selbstständig zu überleben. Der Amerikaner liebt sein Auto, aber er sieht es als Gebrauchsgegenstand. Die liebevolle und oft von Sorgen um den Lack und den Innenraum genährte Angst, mit der man seinem Auto in Deutschland begegnet, ist dem Amerikaner fremd.

Am Montag beginnt unsre Reise durch Alabama und Tennessee...

1 Kommentar:

  1. Joni, this is a great first impression in America. I'm glad you're writing this blog, for those who will read it and for yourself. It will mean a lot for you at the end of your trip to remember the first impressions you had. I'm looking forward to seeing glimpses of my own country through your eyes!

    AntwortenLöschen